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Stadtteil

Francop

Illustration von Marion El Khalafawi, Kutenholz, in: Wilhelm Mohr, To'n Tietverdriev, Francop: Selbstverlag, 1989.

Gründung und erste Erwähnung Francops

Die eigentliche Gründung Francops fiel in die Zeit der Kolonisation der Dritten Meile durch holländische Siedler in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Erstmals urkundlich erwähnt wurde Francop um 1235 als „Vrankenkope“ im Lehnsregister der Grafen zu Hoya. Dort ist verzeichnet, dass der Ritter Arnd Scerebard, der in Diensten des Erzbischofs von Bremen, dem Landesherrn des Alten Landes, stand, mit dem Zehnten über das Dorf Vrankenkope belehnt wurde. Der Ortsname deutet auf einen Lokator hin, den häufig adligen Verwalter von neuem Siedelland, der hier den Namen Franko oder Franke trug. Francop ist der östlichste Ort der Dritten Meile Alten Landes und grenzt mit dem Ortsteil Hohenwisch im Osten an Moorburg.

An der Landscheide am Francoper Hinterdeich (Photo von K. Ehlberg, 2023)

Siedlungsentwicklung

Francops Entwicklung war bedingt durch die Anlage als reines Deichhufendorf. Nur die dem Deich gegenüber liegende Straßenseite wurde bebaut. Dahinter lagen die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen in parallelen Streifenfluren, die sich stellenweise nur bis 500 m ausdehnten. Nur am Hinterdeich in Richtung Neugraben entstand ein davon abweichendes Siedlungsband. Dies führte insgesamt zu einem sehr begrenzten Wachstum und half so, den dörflichen Charakter weitgehend zu bewahren. Zwischen dem frühen 19. und der Mitte des 20. Jahrhunderts stieg die Bevölkerungszahl nur um etwa 200 auf rund 700 Personen, wo sie in etwa auch noch heute liegt.

Illustration von Heinrich Ludwig Meyer ("HELM") in: Wilhelm Mohr, To'n Tietverdriev, Francop: Selbstverlag, 1989.

Landwirtschaft und Gewerbe

Hohenwisch entstand als jüngster Ortsteil Francops auf angespültem Sand an einem außendeichs liegenden Elbpriel. Diese Fläche war bei den frühen Eindeichungen zunächst ausgenommen worden, sie wurde zeitgleich mit dem Westteil Moorburgs eingedeicht. Bis zum Ende des 16. Jahrhunderts wurde sie als Gemeinschaftsweide von den Francoper Bauern, dem grundbesitzenden Adel und dem Neuen Kloster bei Buxtehude genutzt. Hatte Francop noch vor hundert Jahren sieben Gast- und Schankwirtschaften, fünf Gemischtwarenläden, Sattlerei, zwei Hufschmiede, Tischler, Baugeschäft und drei Zimmereibetriebe sowie einen Uhrmachermeister, der nebenher die Poststelle betrieb, so ist heute, in den 2020ern, die Zahl der Gewerke stark zurückgegangen. Landwirtschaftlich dominiert heute der Obstbau mit großen Plantagen und daran angeschlossenen Hofläden, während die Viehhaltung stark abgenommen hat. Hinter den Häuserzeilen und außendeichs in Richtung Finkenwerder prägen die Obstplantagen das Dorfbild. Seit den 1990er Jahren wurden südlich der Deichlinie einige Reihen Windkraftanlagen aufgestellt.

Beim Gutsbrack (Photo: K. Ehlberg, 2023)

Kirche und Schule

Eine zum Dorf gehörende Kirche besaß Francop, das im Mittelalter zum Kirchspiel Nincop gehörte, seit einer Reihe von Sturmfluten um das Jahr 1400 herum nicht mehr. Mit ihrem Friedhof hatte sie in Vierzigstücken an der heutigen Gabelung mit der Hasselwerder Straße gelegen. Nachdem sich die Gegend von der Zerstörung und einer anschließenden jahrzehntelangen Wüstlegung erholt hatte, erfüllte die Kirche St. Pankratius in Hasselwerder (heute Neuenfelde) diese Funktion. Die Francoper Schule wurde 1970 geschlossen, die Schülerinnen und Schüler auf Moorburg und Neuenfelde verteilt.

Blick auf das Francoper Gut II beim Naturdenkmal Gutsbrack (Photo K. Ehlberg, 2023)

Die Francoper Adelsgüter, Patrimonialgericht und Vogtei

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts bestanden in Francop vier Adelsgüter der bremischen Ritterschaft, die mit den Familien von Zesterfleth, von Borch, von Düring und von dem Bussche verbunden waren. Ihre Ursprünge reichten bis in die Zeit der Hollerkolonisation zurück. Ihre ersten Vertreter waren Lokatoren, die die Besiedlung anführten und die Gerichtsbarkeit innehatten. Francop besaß seit dem Mittelalter ein eigenes Patrimonialgericht, das die höhere, die Kriminalgerichtsbarkeit umfasste, sowie eine eigene Vogtei, die zuständig für Verwaltung und Steuereintreibung war. Die Existenz und Funktion der Adelssitze in Francop erklärte sich einerseits aus der vom Bremer Erzbistum gewünschten Präsenz im Nordosten seines Territoriums und andererseits aus dem erforderlichen Schutz des Elbübergangs nach Norden.

Der ehemalige Adelssitz Gut Francop II mit Torbogen (Heinrich Ludwig Meyer - "HELM" - in: Wilhelm Mohr, Ut mien lütt Welt, Francop: Selbstverlag, 1994.)

Die Francoper Graft

An der Engstelle der Süderelbe gegenüber Finkenwerder und Altenwerder lag seit dem Mittelalter die Graft. Der Name leitet sich vom niederdeutschen Wort für Graben ab. Das Gelände gehörte zum Gut Francop II - heute Hohenwischer Straße 109 -, dem bedeutendsten der Francoper Güter. Die Graft, eine außendeichs liegende Fährstelle, wurde am 3. September 1266 erstmals urkundlich erwähnt, als es um die Beilegung von Streitigkeiten wegen des Anlegens von Schiffen und die Erhebung von Schiffszoll ging. Die Pächter der Graft besaßen neben der Fährgerechtigkeit nach Finkenwerder und Altenwerder auch die Konzession für eine Schankwirtschaft. Aufgrund ihrer günstigen Lage war die Graft im Mittelalter regelmäßiger Treffpunkt von Vertretern Hamburgs und des Erzstiftes Bremen. Bis 1962 wurde an dieser Stelle der Süderelbe der Fährbetrieb nach Finkenwerder aufrechterhalten. Die Gastwirtschaft blieb bis Ende der 1970er Jahre beliebte Einkehr für Wassersportler und Ausflügler.

Blick auf das Gutsbrack (Photo: K.Ehlberg, 2023)

Sturmfluten in Francop

Die erste für die Region erwähnte Sturmflut mit nennenswerten Schäden ereignete sich im Februar 1164. Zu dieser Zeit waren trotz vorhandener Eindeichung die Häuser noch auf Wurten angelegt. Eine Reihe von Sturmfluten um den Beginn des 15. Jahrhunderts führte zu einer Wüstlegung in der Dritten Meile, die erst knapp ein Jahrhundert später überwunden war. Im Verlauf des Mittelalters und der Neuzeit hinterließen die Sturmfluten im Ortsbild von Francop deutliche Spuren. Die markantesten sind die Bracks, darunter das Gutsbrack beim Gut Francop II, das in der Petriflut 1651 durch einen Schleusenbruch entstand und in der Markusflut 1756 durch einen Deichbruch an gleicher Stelle weiter ausgekolkt wurde. Es ist heute als Naturdenkmal ausgewiesen. Das jüngste Brack, das Flutbrack Hohenwisch, liegt an der Straßengabelung nach Neugraben im Ortsteil Hohenwisch. Es entstand bei der Sturmflut im Februar 1962 an der Stelle eines 80 m langen Deichbruchs, der zwei Häuser mit sich riss. Das Brack wurde kurz nach seiner Entstehung vom Geographischen Institut der Universität Hamburg untersucht und genau dokumentiert. Es gilt als eines der überregional bedeutenden Geotope Hamburgs. Seit 2002 erinnert das Mahnmal Wellenwand des Bildhauers Winni Maak, das neben dem Brack aufgestellt wurde, an die zerstörische Kraft der Sturmfluten und ihre hiesigen Opfer.

Domänenhaus Blumensand, in: 750 Jahre Francop. hg. von Wilhelm Mohr, 1984.

Folgen der Flut von 1962 und Hamburger Hafenerweiterung

Die nach 1962 umgesetzte Eindeichung der Süderelbe veränderte das Kleinklima für den Obstanbau. Verstärkt wurde dieser Effekt durch die Aufspülung von außendeichs liegendem Gelände, darunter Blumensand und daneben Hornsand ab dem Ende der 1960er Jahre. Moderner Frostschutz durch Beregnungsanlagen wurde Ende der 1970er Jahre eingeführt. Heute, in den 2020ern, werden im Obstanbau die Auswirkungen des globalen Klimawandels spürbar. Seit Beginn der 1960er Jahre stand und steht Francop und insbesondere sein Ortsteil Hohenwisch immer wieder im Fokus der Hamburger Pläne zur Erweiterung seines Hafengebiets. Eine Etappe dieser Entwicklung war im Jahr 1973 die Niederlegung der Domäne Blumensand. Seit 1991 wird an dieser Stelle, dem ehemaligen Spülfeld Blumensand, Schlick aus der Elbe und dem Hafen aufgebracht. Inzwischen ist in diesem an Finkenwerder grenzenden Außendeichgebiet ein 38 m hoher Schlickhügel entstanden, der eine Fläche von ca. 95 ha bedeckt. Diese nun höchste Erhebung Francops ist ein deutliches Zeichen für den mit der Hafenerweiterung verbundenen Flächenbedarf.

Vignette von Heinrich Ludwig Meyer ("HELM"), in: Wilhelm Mohr, Ut mien lütt Welt, Francop: Selbstverlag, 1994.

Der Francoper Heimatforscher und Dichter Wilhelm Mohr

Eine über Francop und das Alte Land hinaus bekannte Persönlichkeit war der Francoper Wilhelm Mohr (1912-2000). Dem langjährigen Vorsitzenden des Heimatvereins Francop und Mitbegründer von "Plattdüütsch leevt e. V." ist _hier_ ein Portrait gewidmet.

Literatur über Francop in der Bibliothek der Geschichtswerkstatt (Auswahl)

750 Jahre Francop. 1235-1985. Ein Altländer Dorf im Stadtstaat Hamburg

Wilhelm Mohr, Heimatverein Francop e. V. (Hgg.), Buchholz (Nordheide): Verlag Dr. Johannes Knauel, 1984.

Das Alte Land von A bis Z. Lexikon einer Elbmarsch

Horst Dippel, Claus Ropers (Hgg.) mit Robert Gahde und Susanne Höft-Schorpp, Husum: Husum Druck- und Verlagsgesellschaft, 2018. Publikationen der Kulturstiftung Altes Land, Bd. 6

Francop und seine Graft im Alten Land 1266-1966. Ein Hamburger Landschaftsbild

Wilhelm Mohr, Heimatverein Francop e. V. (Hgg.), Buchholz (Nordheide): Verlag Dr. Johannes Knauel, 1966.

Weblinks zu Francop

Freie und Hansestadt Hamburg

Hamburg-Harburg

Siedlungsentwicklungskonzept Cranz-Neuenfelde-Francop | Architektur + Stadtplanung | 21. Dezember 2005